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Düsseldorf ist die Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen. Die prosperierende Großstadt hat knapp über 580.000 Einwohner.
Im Juni 1996 hat der Stadtrat der Landeshauptstadt Düsseldorf die Erarbeitung einer Lokalen Agenda für Düsseldorf beschlossen und die Charta von Aalborg unterzeichnet (Landeshauptstadt Düsseldorf o.J. a).
Für die Lokale Agenda 21 wurde inzwischen folgende Struktur geschaffen (Landeshauptstadt Düsseldorf o.J. b):
In dieser Struktur sind bislang 35 Agenda-Projekte ins Leben gerufen worden, darunter der Firmenpreis für Düsseldorfer Hauptschulen, ein Second-Hand-Kaufhaus, drei Nord-Süd-Agenda-Partnerschaften, der (fair gehandelte) Düsseldorf Café, die SAGA Serviceagentur für Altbausanierung, Nachhaltigkeit im Sportverein sowie die partizipative Stadtplanung mit sogenannten Werkstattverfahren (Landeshauptstadt Düsseldorf o.J. c). Dass Düsseldorf im Jahr 2007 zur Bundeshauptstadt des fairen Handels gekürt wurde, ist u.a. mehreren erfolgreichen Agenda-Projekten zu verdanken (Landeshauptstadt Düsseldorf o.J. i).
Die Liste der Projekte zeigt, in welchen Themenfeldern Politik und Verwaltung Handlungsspielräume für Partizipation der Bürger sehen bzw. in welchen nicht. So gibt es z.B. ein Agendaprojekt zum Ausbau des Radwegenetzes (ebd.), die Gesamtverkehrsplanung wird hingegen im Rahmen der Lokalen Agenda 21 nicht verhandelt.
Die Bildung für nachhaltige Entwicklung in Schulen ist auf der lokalen Ebene als Agenda-Projekt Nr. 16 verankert (ebd.). Sie ist zudem in die BNE-Strukturen des Landes NRW sowie des Bundes (Modellprogramme BLK 21 + Transfer 21) eingebunden. Diese Verankerung auf drei Ebenen machte es möglich, dass das Düsseldorfer Netzwerk „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ gegründet werden konnte. Seine Kernaufgabe war bzw. ist die Entwicklung und Implementierung eines schulischen Nachhaltigkeitsaudits.
Die wichtigsten Akteure in diesem Netzwerk sind ca. 15 Schulen, die Öko-bzw. Nachhaltigkeitsaudits durchgeführt haben bzw. sich anderweitig in der BNE engagieren. Hierzu gehören
Sie informieren, beraten und motivieren sich gegenseitig auf den 4-5 Arbeitssitzungen, die pro Jahr durchgeführt werden. Sie nutzen das Netzwerk, um bilaterale Kooperationen anzubahnen oder gemeinsame Standpunkte zu entwickeln und diese gegenüber Politik und Verwaltung zu vertreten.
Die Stadt Düsseldorf ist durch das Umweltamt, die Agenda-Koordinatorin und das Schulverwaltungsamt in dem Netzwerk vertreten. Das hat sich als sehr effizient erwiesen, weil die Schulen dadurch verlässliche Ansprechpartner haben, mit denen sie Aufgaben, Fragen und Probleme auf kurzem Wege klären können.
Ferner arbeiten verschiedene Firmen im Netzwerk mit. Hier sind zunächst die Stadtwerke Düsseldorf bzw. die AWISTA GmbH zu nennen, welche als Ver- bzw. Entsorger der Schulen wichtige Partner in Umweltfragen sind. Andere Firmen sind Mitglied im Netzwerk geworden, weil sie selber Öko-Audits oder analoge Verfahren mit dem Focus auf Nachhaltigkeit absolviert haben und daher Synergien mit den Schulen sehen. Hierzu gehören international bekannte Unternehmen wie Henkel KGaA und Vodafone AG, aber auch lokale mittelständische Unternehmen wie die Xenotec Technik und Licht KG. Besonders in den ersten Jahren der Arbeit haben diese Unternehmen den Schulen geholfen, die Logik des Umweltmanagements zu verstehen, schulinterne Managementsysteme aufzubauen und Einblicke in das betriebliche Umweltmanagement zu erhalten.
Für die Koordination des Netzwerkes und die Mitwirkung in den Modellprogrammen „BLK 21“ sowie „Transfer 21“ wurde ein Lehrer mit 50% seiner Arbeitszeit eingesetzt; seinen Arbeitsplatz für diese Aufgaben hat er im Umweltamt. Der Koordinator leitet die Sitzungen und berät einzelne Schulen, er bindet die vielfältigen Partner ein und vertritt die Interessen des Netzwerkes in der Kommune sowie auf Landes- und Bundesebene. Er trägt im Hintergrund sehr effizient dazu bei, dass die Schulen gute Rahmenbedingungen für ihre BNE-Aktivitäten haben.
Staatliche Schulen in Deutschland werden in der Regel von den Kommunen bewirtschaftet; d.h. die Stadt Düsseldorf bezahlt z.B. die Wasser-, Energie- und Abfallrechnungen ihrer Schulen. Rein ökonomisch betrachtet, kann es daher den Schülern und Lehrern gleichgültig sein, wie viel Ressourcen ihre Schule verbraucht. Hier setzt das seit 1994 in Deutschland bekannte Modell Fifty/fift an: Kommune und Schule schließen eine Vereinbarung, nach der die Schule einen bestimmten Prozentsatz (z.B. 50%) des Geldes zur Verfügung gestellt bekommt, das sie durch intelligentes Verhalten der Schulgemeinschaft einspart. Die Schule kann dieses Geld nutzen, um die Lern- und Lebensqualität zu erhöhen, also z.B. die Schulbibliothek besser auszustatten, das Schulgelände zu begrünen bzw. dort ein Klettergerüst aufzustellen oder Umweltprojekte durchzuführen. Damit kann sich die Motivation zu einem sparsamen Umgang mit Ressourcen erheblich erhöhen, und vielfältige situative Ansatzpunkte für die Bildungsarbeit sind geschaffen.
In vielen Kommunen heißt das Modell „Fifty/fifty“. In Düsseldorf wurde es 50:50 genannt, da es hier bereits eine Obdachlosenzeitung mit dem Namen Fifty fifty gibt.
50:50 Düsseldorf wurde 1996 vom städtischen Umweltamt zusammen mit dem Schulverwaltungsamt und dem Immobilienmanagement eingerichtet (Landeshauptstadt Düsseldorf o.J. d). Das städtische Umweltamt unterstützt Schulen dabei u.a., indem es Messgeräte bzw. Arbeitskoffer für den Physikunterricht verleiht, Hausmeister fortbildet oder eine Mitarbeiterin zu Vorträgen in die Schulen entsendet.
25 Schulen beteiligen sich an 50:50 in Düsseldorf (Landeshauptstadt Düsseldorf o.J. e), darunter sind auch mehrere Schulen des Düsseldorfer Netzwerks „Bildung für nachhaltige Entwicklung“. Daneben werden in Düsseldorf auch Kindertagesstätten mit in die Kampagne einbezogen. Die Schulen können dabei bis zu 15% ihrer Ver- und Entsorgungskosten einsparen, das sind je nach Größe des Objekts 600 bis 10.000 Euro jährlich (Landeshauptstadt Düsseldorf o.J. d).
Auch um die Beschaffung von Material oder die Bewirtschaftung der Freiflächen kümmern sich in Deutschland meistens nicht die Schulen selber sondern die Kommunen.
Die Düsseldorfer Schulen sind auf diese Weise jahrelang mit Recyclingpapier ausgestattet worden und konnten somit eine grundlegende Anforderung an einen umweltgerechten Schulbetrieb erfüllen. Allmählich wurde jedoch dazu übergegangen, die Schulen mit Papier aus Frischfasern zu versorgen. Erste Schulen beschwerten sich darüber im Jahr 2006. Über die dringende Bitte der Schulen des Netzwerks Bildung für nachhaltige Entwicklung, zu der alten und aus ihrer Sicht bewährten Praxis zurückzukehren, wird derzeit noch verhandelt. (Düsseldorfer Netzwerk Bildung für nachhaltige Entwicklung)
Die jedes Jahr stattfindenden Eine-Welt-Tage in Düsseldorf sind ein ganzes Bündel an Kultur-, Informations- und Bildungsangeboten für jedermann. Im Zeitraum von Juli bis November 2007 wurden die Eine-Welt-Tage zum 23. Mal durchgeführt, 170 Veranstaltungen wurden angeboten. Die Landeshauptstadt unterstützt die Arbeit des Trägers – des Eine-Welt-Forums und der ihm angeschlossenen Gruppen (Landeshauptstadt Düsseldorf o.J. f). Schulen können bei ihrer Eine-Welt-Arbeit (siehe z.B. Agnes-Miegel-Realschule 2005, Geschwister-Scholl-Gymnasium 2001) auf diese reichhaltige Struktur zurückgreifen.
Die Landeshauptstadt Düsseldorf verbreitet selber Informationen zur Lokalen Agenda 21, bzw. sie unterstützt die Öffentlichkeitsarbeit zur BNE personell und finanziell.
Dem Agenda-Prozess sind die Website http://www.duesseldorf.de/agenda21/index.shtml sowie eine zweimal im Jahr in 15.000 Exemplaren erscheinende kostenlose Zeitschrift gewidmet. Hier wird regelmäßig auch über die BNE-Aktivitäten von Schulen berichtet. Das 50:50-Programm sowie das Düsseldorfer Netzwerk „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ haben zusätzlich eigene Online-Auftritte.
Aus städtischen Mitteln wurden schulische Umwelterklärungen bzw. Nachhaltigkeitsberichte finanziert.
Die Stadtverwaltung versteht solche Aktivitäten einerseits als Unterstützung der Lokalen Agenda 21 bzw. der BNE in den Schulen, andererseits aber auch als Teil des Stadtmarketings – die aktive und erfolgreiche Pressearbeit der beteiligten Schulen oder die positive nationale und internationale Resonanz auf das Online-Portal des Netzwerks haben erheblich mit dazu beigetragen, schulischen BNE-Aktivitäten einen breiten Rückhalt in Politik und Verwaltung zu geben. Die Schulen haben es hier selbst mit in der Hand, ihrer Kommune einen Gegenwert für die geleistete Unterstützung zu liefern und somit ihr Netzwerk zu stabilisieren.
Verbindungen zwischen Stadtmarketing und BNE können auch bei der Entente Florale gefunden werden. Die Stadt Düsseldorf hat 2007 den Bundeswettbewerb grüner Städte gewonnen. Im Rahmen der Bewerbung hat die Stadt mit großem (auch finanziellen) Engagement daran gearbeitet, das städtische Grün zu pflegen, zu vermehren und ansprechend zu präsentieren. Im Zuge dieser Aktivitäten wurden auch einige Schulgelände verbessert. So engagiert sich z.B. die Hulda-Pankok-Gesamtschule sehr für ihr Schulgelände; hier gibt es einen Schülergarten (mit Garten-AG), Obstbäume, viele grüne Rückzugsräume, die sich positiv (entspannend) auf das Verhalten der Schüler z.B. in den Pausen auswirken sowie ein sehr sehenswertes zwei Stockwerke großes Wandgemälde zur Eine-Welt-Thematik, das Schüler unter externer fachlicher Anleitung selbst geschaffen haben. Die Schule hat im April 2007 an einem Samstag einen Arbeitseinsatz zur Pflege des Schulgeländes veranstaltet, zu dem 300 Menschen (Schüler, Eltern, Lehrer) kamen. Im Rahmen der Entente Florale hat die Stadt Düsseldorf gleichzeitig Erd-, Pflanz- und Bauarbeiten auf dem Gelände der Gesamtschule durchführen lassen und somit den Grundstock dafür gelegt, dass ein weiteres großes Teilstück des Schulgeländes belebt werden kann. (Landeshauptstadt Düsseldorf o.J. g und 2007)
Anfang 2008 hat die Landeshauptstadt ein Klimaschutzprogramm vorgelegt, mit dem sie ihren CO2-Ausstoß innerhalb von 5 Jahren um 10% verringern will (Details). Einige der insgesamt 30 Programmpunkte sind auch für Schulen interessant, so heißt es etwa im Abschnitt 4. Photovoltaik auf städtischen Dächern: "Alle städtischen Schulen, die Interesse an einer Photovoltaik-Anlage haben, sollen mit einer Experimentieranlage mit Anzeigetafel ausgestattet werden, die neben der Stromerzeugung speziell für verschiedene Unterrichtszwecke einsetzbar ist." (Landeshauptstadt Düsseldorf 2008a und b)
Spürbare Grenzen werden dem Engagement der Schulen durch die Schulpolitik des Landes NRW gesetzt. Die Schulen stehen – wie auch bundesweit – unter dem Druck, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren. Hinzu kommt, dass es im Land NRW nach dem Regierungswechsel 2005 diverse Umbrüche in der Schulpolitik gab, z.B. wurde das Landesinstitut für Schule aufgelöst und in eine Struktureinheit des Bildungsministeriums umgewandelt. Ein konkretes Beispiel soll illustrieren, wie sich diese Lage auf die BNE auswirkt: Im Herbst 2006 drohte das in Düsseldorf speziell für Schüler angebotene Theaterstück „Der Ball ist rund“ (ein Globalisierungskrimi rund um das Thema fairer Handel von Fußbällen) zu scheitern, weil die Schulen angewiesen waren, auf Unterrichtsgänge zu verzichten. Die Situation konnte allerdings geklärt werden. (Düsseldorfer Netzwerk Bildung für nachhaltige Entwicklung)
Die Stadt Düsseldorf belegte im Jahr 2005 den 3. Platz im bundesweiten Wettbewerb um die Hauptstadt des fairen Handels. Bei der Prämierung wurde besonders das Theaterstück „Der Ball ist rund“ hervorgehoben.
Schwierig wird es auch, wenn Schulen den ihnen zugwiesenen Rahmen der Bildung und Partizipation überschreiten. Eine Arbeitsgruppe an einem Berufskolleg bemühte sich lange erfolglos um bauliche Veränderungen an einer Straßenbahnhaltestelle, die von ihren Schülern stark frequentiert wird. Erst nach Jahren bestehen jetzt Chancen, dass das Problem im Zuge einer neuen Trassenführung mit gelöst wird. (Max-Weber Berufskolleg und Walter-Eucken-Berufskolleg 2006)
In der Gesamtheit aller Faktoren haben Schulen in Düsseldorf außerordentlich positive Rahmenbedingungen für die BNE. Das ist zum Teil dem glücklichen Zusammentreffen der Modellprogramme „BLK 21“ / „Transfer 21“ mit einer wirtschaftlich potenten Großstadt zu verdanken – diese Faktoren sind auf viele andere Städte und Gemeinden nicht übertragbar. Das tragende Prinzip, dass Schulen und Verwaltung wertschätzend und konstruktiv zusammenarbeiten, ist jedoch nicht an Modellprogramme oder die Kassenlage gebunden. Lokale bzw. regionale Netzwerke der Umweltbildung bzw. BNE gibt es auch in anderen Städten, so z.B. in Rostock oder Stralsund. Die Kampagne Fifty/fifty kann von jedem Schulträger angeboten werden. Synergien zwischen BNE und Lokaler Agenda 21 können in vielen Kommunen gesucht und gefunden werden.
Der Arbeitsbereich "Agenda 21 und Bildung für nachhaltige Entwicklung" auf umweltschulen.de entstand 2006-2014 in Kooperation mit dem Fernstudiengang Umwelt&Bildung der Universität Rostock; dem heutigen Fernstudiengang Bildung und Nachhaltigkeit.