Umweltbildungsworkshop in Beijing 2001von Dr. Eva Sternfeld Der chinesisch-deutsche Umweltbildungsworkshop fand im Zeitraum vom 24.-30. Mai 2001 in Beijing statt. Er wurde vom CESDRRC organisiert und von der Heinrich-Böll-Stiftung finanziell unterstützt. Nachfolgend gebe ich auszugsweise den Bericht der Seminarleiterin, Dr. Eva Sternfeld, wieder (Danke für die freundliche Erlaubnis dazu!). TeilnehmerInnenWir erhielten Anmeldungen aus den verschiedensten Regionen Ostchinas. Gut repräsentiert waren neben Beijing, Hebei und Tianjin, insbesondere die Provinzen Shandong und Guangdong (hier die Stadt Shenzhen). 26 TeilnehmerInnen nahmen an dem Seminar teil, davon 17 Frauen und neun Männer. Die Mehrheit der TN (18) sind Lehrer, darunter neun Schulleiter. 12 unterrichten an Mittelschulen, die übrigen an Grundschulen. Von den übrigen Teilnehmern waren 4 Mitarbeiter von lokalen Umweltämtern, eine Professorin und eine Studentin von pädagogischen Hochschulen, ein stellvertretender Parteisekretär einer Schule und eine Mitarbeiterin einer im Umweltbildungsbereich tätigen NGO. Ein solches Gruppenfoto gehört in China einfach mit dazu... ReferentenAls Hauptreferenten für dieses Seminar waren Herr Tilman Langner vom Umweltbüro Nord e.V., Stralsund und Herr Huang Yu vom Training Center for Environmental Education der Beijing Normal University tätig. Herr Langner und Huang Yu gestalteten die ersten beiden Seminartage (Bidlung für nachhaltige Entwicklung und partzipative Ansätze in der Umwelterziehung). Am dritten und vierten Tag (Umweltmanagement für Schulen udn Umwelterziehung und Computer wurden die Beiträge von Herrn Langner ergänzt durch Referate von Mitarbeitern des Referats für Umwelterziehung von CEEC. Herrn Zeng Hongying stellte das "Grüne Schulen-Programm" der SEPA vor und Frau Niu Lingjuan stellte chinesische Internet Projekte im Bereich Umwelterziehung vor. Herr Jia Feng, Direktor von CEEC, stellte am ersten Seminartag in einem Kurzreferat Umwelterziehungsprojekte von CEEC vor. Alle Vorträge wurden kompetent von den Dolmetscherinnen Frau Lü Qiaoping und Pan Yaling vom Ausbildungszentrum für deutsche Sprache übersetzt. Für die Exkursionen standen uns sachkundige Gesprächspartner zur Verfügung. In den besuchten Schulen nahmen sich die jeweiligen Schuleiter Zeit, ausgiebig ihre Erfahrung mit Umwelterziehung an ihre Kollegen und Kolleginnen weiterzugeben. Herr Guo Geng, Aktivist der NGO "Friends of Nature" und Experte für bedrohte Tierarten, war ein kompenter Führer im Milu-Park. Eine Mitarbeiterin des botanischen Gartens führte uns durch das Gewächshaus und stand fur Fragen zur Verfügung. VorträgeDen thematischen Einstieg in das Seminar lieferten an den vier Tagen jeweils Referate des chinesischen und des deutschen Trainers. Alle Referate, mit Ausnahme des Referats von Frau Niu, wurden als Manuskripte in chinesischer Sprache als Materialien auf dem Workshop verteilt. Herr Zeng hat diese inzwischen auch auf die Website gestellt (siehe Kontakte). Sie sind damit auch für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich. Am ersten Seminartag erläuterte Herr Huang Yu vom Environmental EducationTraining Center das Konzept der "nachhaltigen Entwicklung" und der Bedeutung einer "Bildung für nachhaltige Entwicklung". Herr Langner stellte die Arbeit seiner Organisation "Umweltbüro Nord" vor, gab eine Einführung in das deutsche Bildungssystem und Angebote an deutschen Schulen zur Umwelterziehung (u.a. der BMBF Modellversuch "Bildung für nachhaltige Entwicklung"). Die wichtigsten in deutschen Schulen angewendeten Methoden der Umwelterziehung wie Projektage, Exkursionen, Planspiele, Zukunftswerkstatt kamen zur Sprache. In einem Kurzreferat stellte Herr Jia Feng, stellvertretender Direktor von CEEC, einige Projekte aus dem Bereich Umwelterziehung vor, die CEEC koordiniert. Als letzter Referent des Tages stellte Herr Huang Yu weitere Projekte aus dem Bereich Umwelterziehung vor, darunter den vom Ministry of Education (MoE) und WWF (mit finanzieller Unterstützung von AMOCO-BP) geförderten Modellversuch "environmental educators initiative". Der zweite Seminartag stand unter dem Thema "Partizipation".
Herr Langner führte in die Thematik ein, indem er die TN
in Form eines "stummen Streitgesprächs" vier Fragen
auf vorbereiteten DIN A2 Bögen beantworten ließ. Intuitiv
hatte Herr Langner damit, so jedenfalls der Eindruck der Berichterstatterin,
eine Methode gewählt, die den chinesischen Gewohnheiten angepaßt
und zugleich behutsam an neue Lern- und Lehrmethoden heranführt,
denn sie erinnert doch an die in China bekannte Methode der Wandzeitung
(Dazi Bao).
Stellvertretend seien hier die Antworten auf Frage 3 wiedergegeben, sie sind sicherlich auch als eine Reaktion auf den sehr konventionellen, hauptsächlich frontalen Unterricht des ersten Seminartages und Formulierung von Erwartungen an das Seminar zu verstehen z.B.
In seinem Vortrag: "Methoden der Erziehung für nachhaltige
Entwicklung" stellte Herr Huang Yu die Grundprinzipien von
Bildung für nachhaltige Entwicklung (partzipativ, kooperativ,
investigativ) eine Reihe von Methoden vor , die den klassischen
Frontalunterricht ersetzen bzw. ergänzen können: z.B.
Arbeit in Kleingruppen, Diskussion, Interview, eigene Erhebungen,
Brainstorming, Bildanalyse etc. Mit einer beein-druckenden Pyramide
verdeutlichte er die Vorzüge von Lernmethoden abseits der
traditionellen Unterrichtsmethoden: Nur etwa 5% der Botschaft
eines mündichen Vortrags und nur 10% des Lesestoffs wird
im Gedächtnis gespeichert, immerhin 30% bleiben haften, wenn
Lerninhalte mit Einsatz von Medien ver-mittelt werden, 50% werden
erinnert, wenn diese Inhalte in Gruppenarbeit erarbeitet werden.
Den größten Lerneffekt hat der Lehrende selbst, er
vermag sich an 90% der vermittelten Inhalte erinnern. Zu Beginn der Nachmittagssitzung am 25.5. zeigten wir den Film "Protecting a Basis of Clean Water". Dieser Film dokumentiert die Umwelterziehungs der Grundschule Nr. 1 im Landkreis Miyun, Beijing. Die Schule, unweit des Miyun-Reservoirs, dem Haupt-Trinkwasserversorger Beijings, gelegen, konzentriert sich in der Umwelterziehung auf das Thema Wasser. Der Film dokumentiert die verschiedenen Möglichkeiten Kinder an die Thematik Umwelt und nachhaltige Entwicklung heranzuführen: z.B. Rollenspiele, eigene Erhebungen und Interviews, Experimente, Umweltschutzaktionen, Beteiligung an Öffentlichkeitsarbeit etc. Das Projekt und die Herstellung des Films wurde von WWF unterstützt. Anschließend stellte Herr Langner verschiedene Ansätze
aus der deutschen Umwelterziehung vor: z.B. das Buchprojekt: "Tagträume"
in Mecklenburg-Vorpommern. Jedes Jahr erstellt die 8. Klasse einer
ausgewählten Schule ein eigenes Buch und wird bei dem Herstellungsprozess
von einer NGO (Förderverein Jugendkunst e.V., Stralsund)
betreut. Dieses Projekt stieß auf großes Interesse
bei unseren TN. Am dritten Tag erklärte Herr Langner am Beispiel der Gesamtschule Schwerte den Prozess des Öko-Audits für Schulen und die erforderlichen Schritte für ein schulisches Umweltmanagesystem. Herr Zeng Hongying vom Referat für Umwelterziehung vermittelte in zwei Vorträgen einen Einblick in die chinesische Politik zur Umwelterziehung und das von der SEPA getragene Programm "Grüne Schulen". Herr Zeng referierte Meinungsumfragen, nach denen 75% der Chinesen der Auffassung sind, dass die Regierung für die Lösung der Umweltprobleme zuständig sei. Es bezeugen aber auch 60% die Bereitschaft sich an Umweltprojekten zu beteiligen. Umweltbildung ist ein Feld, das stark internationale Kooperation und Entwicklungshilfe geprägt wird. Etwa 70% der Umweltbildungsprojekte werden nach Einschätzung von Herrn Zeng ideell und finanziell durch ausländische Partner unterstützt. Am 27.5., dem letzten Seminartag erhielten die TN einen Einblick in die Thematik "Computer und Umwelterziehung" sowie "Umwelterziehung und Internet". Herr Langner demonstrierte verschiedene Com-puterspiele, die für Umwelterziehung eingesetzt werden können: z.B. SIM Park (Simulation eines Naturparks unter verschiedenen naturräumlichen Bedingungen), SIM city (Simulation einer städtischen Umwelt), ecopolicy (ein Staat soll unter Berücksichtigung von ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekten regiert werden), "die Suche nach dem uups" (von Janosch gestaltetes Computerspiel). Anschließend stellte Frau Niu von CEEC Möglichkeiten vor, das internet in der Umwelterziehung einzusetzen. Eine Umfrage unter den TN des Seminars ergab, das bereits ein Drittel das Internet für ihre Arbeit benutzt. Frau Niu stellte einige der wichtigen chinesischen Websites vor, die Adressen wurden den TN auch als Materialienblatt zugänglich gemacht. Sie berichtete weiter über das Environmental Education Net, das China, Japan und Korea zur Zeit gemeinsam aufbauen. Frau Niu ist die Koordinatorin dieses Projekts auf chinesischer Seite. Im Anschluß an die Vorträge hatten die TN die Gelegenheit an den Computerarbeitsplätzen von CESDRRC CD-Roms auszuprobieren und Internet-Seiten aufzurufen. In der Bibliothek und an einem Büchertisch von CESDRRC konnten sie in China erhältliche Lehr- und Lernmittel aus dem Bereich Umweltbildung anschauen und bei Bedarf erwerben. Arbeit in KleingruppenAn zwei Nachmittagen des Seminars hatten die TN mehrere Stunden Gelegenheit sich in Kleingruppen auszutauschen und konkrete Aufgaben zu bearbeiten.Die Ergebnisse der Sitzungen wurden zusammengefasst und dem Plenum vorgestellt. Bei der Sitzung am zweiten Tag ging es zunächst um
den Erfahrungsaustausch und Berichte aus der eigenen Umweltbildungsarbeit.
Ausführlich wurde im Plenum die Initiative "Hand in
Hand" vorgestellt, an der in Beijing 120 Schulen und landesweit
800 Schulen teilnehmen. Die Schulen sammeln wiederverwertbaren
Müll und verkaufen ihn an Recyclingstationen. Auf diese Art
kamen 890.000 Yuan zusammen, die für den Aufbau von fünf
Umweltschulen in Armutsgebieten genutzt werden. In Sitzung an dritten Tag, die im Rahmen der Seminareinheit zum Thema "Umweltmanagement" stattfand, erarbeiten die TN zu den Themen Schulgelände, Verkehr, Wasser, Ernährung und Müll Checklisten für die Einführung eines Umweltmanagements an chinesischen Schulen. Die Checklisten sind inzwischen im Computer erfasst und sollen, wie im Abschlussgespräch vereinbart, ins Internet gestellt werden (siehe Kontakte). Besichtigungen von UmweltbildungsprojektenAn das viertägige Seminarprogramm schloss sich ein dreitägiges Besichtigungsprogramm an, das den Teilnehmern einen einen Einblick in Umwelterziehungs- und -bildungsprojekte im Raum Beijing vermittelte (siehe Umwelt-Lernorte in Beijing). SchlussbemerkungenDas Seminar ist ein erfolgreicher Einstieg in die deutsch-chinesische Zusammenarbeit auf dem Gebiet "Umweltmanagement für Schulen". Da die Arbeitsergebnisse der Kleingruppen (Checklisten für Umweltmanagement) sowie die Vortragsmanuskripte von CEEC ins Internet gestellt werden, wird in China ein weitaus größerer Kreis von Umweltpädagogen von den Ergebnissen des Seminars profitieren als die 26 anwesenden TN. Die TN, die einen Querschnitt der in China in der Umweltbildung bereits besonders aktiven Regionen repräsentieren, bleiben über eine mailing-list weiter im Austausch. Auch für die Arbeit von CESDRRC und CEEC sind sie ein wichtiger Pool für künftige Arbeit im Umweltbilungsbereich. Der deutsche Referent Tilman Langner wird seine Eindrücke vom Seminar und von China auf seiner website www.umweltschulen.de veröffentlichen. Und es ist zu hoffen, dass über diese website auch neue Kontakte (zum Beispiel Kooperationen zwischen deutschen und chinesischen Schulen) angebahnt werden. So könnte das Seminar einen Beitrag leisten, in der Umwelterziehung eine globale Perspektive zu entdecken. Es besteht auf allen Seiten ein starkes Interesse an der Fortführung des begonnenen Diskussionsprozesses und Durchführung ähnlicher Fortbildungen. Über die konzeptionellen Details wird nach einer intensiven Auswertung der Ergebnisse der Erfahrungen dieses Seminars zu diskutieren sein.
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