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Schule der Zukunft

Die Umweltauswirkungen von Verkehrsströmen rund um die Schule zu untersuchen und Verbesserungsvorschläge zu machen, ist das eine, viel weiter aber gehen inzwischen die Schülerinnen und Schüler im hier vorgestellten Einzelprojekt im Rahmen eines Öko-Audits. Sie diskutieren ihre Vorschläge nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern inzwischen auch mit zuständigen Politikern. Dies ist ein Beispiel, wie schulische Projekte kommunalpolitische Bedeutung erhalten können.

Klaus Jebbink, Claus Kreusch

Kommunale Verkehrspolitik –
Schülerinnen und Schüler mischen sich ein

Aus dem Werkstattheft "Zukunft managen" des NRW-Modellversuchs "Agenda 21 in Schule", 2003

Im Rahmen der Öko-Audits am Max-Weber-Berufskolleg untersuchten Schülerinnen und Schüler die ökologischen Auswirkungen des Verkehrs, den Lernende und Lehrende auf dem täglichen Weg in die Schule und nach Hause verursachen. Sie sammelten und analysierten Daten, stellten Konzepte auf und diskutierten diese mit Politikern, Stadtverwaltung und Bürgern. Die Schüler merkten schnell, dass nicht alle Beteiligten ihre Ergebnisse vorbehaltlos begrüßten. Während der Diskussionsprozess noch immer anhält, wurde das Projekt inzwischen mit dem 1. Preis im Wettbewerb „You move“ ausgezeichnet.

Wie es begann

Bereits 1997 führten Schüler eine Fragebogenaktion an den beiden Berufskollegs Max-Weber und Walter- Eucken, die im selben Gebäude untergebracht sind, durch. Annähernd alle Schüler wurden nach der Anbindung der beiden Schulen an den öffentlichen Personennahverkehr und zur Situation an der nahen Haltestelle „Karolingerplatz“ befragt. Diese Haltestelle wird von fünf Straßenbahnlinien bedient. Nach Schulschluss, so haben Zählungen der Schülerinnen und Schüler ergeben, wird die Haltestelleninsel von bis zu 100 Personen gleichzeitig frequentiert.

Foto: B. Eschweiler

Die Ergebnisse der Befragung:

Im Jahr 2000 wurde das Öko-Audit-Projekt an der Schule begonnen und die Befragung wiederholt. Die Ergebnisse waren ähnlich wie 1997 – es hatte sich nichts an der Situation geändert. Deshalb wurde das Ziel, die Haltestellensituation zu verbessern, ins Umweltprogramm der Schule aufgenommen. Der Kurs „Ökologie und Ökonomie“ begann daraufhin mit der Erarbeitung von Veränderungskonzepten.

Einbindung in den Unterricht

Grundlage für die Etablierung des Kurses „Ökonomie und Ökologie“ ist die „Verordnung über die Ausbildung und Prüfung in den Bildungsgängen des Berufskollegs (APO-BK)“; §6 sieht u.a. einen Differenzierungsbereich vor: „Der Differenzierungsbereich ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, ihre Kenntnisse und Fertigkeiten ihren individuellen Fähigkeiten und Neigungen entsprechend zu ergänzen, zu erweitern und zu vertiefen.“

Der Differenzierungsbereich (Wahlpflichtkurse) ist ein Angebot an Schülerinnen und Schüler, die als Berufsschüler (Industriekaufleute, Verwaltungsfachangestellte u.a.) am Blockunterricht teilnehmen. Sie sind ca. drei Monate lang durchgehend in der Schule, dann wieder ca. drei Monate ausschließlich im Betrieb. Bei einer dreijährigen Ausbildungszeit durchlaufen sie also drei Blöcke in der Schule. Viele Schüler besuchen den „Öko-Kurs“ nur während einer Blockphase, manche nehmen zweimal teil und nur wenige dreimal. Dies liegt u.a. auch daran, dass nur das Fach Religion aus dem Differenzierungsbereich bei der Ermittlung der Durchschnittsnote im Abschlusszeugnis eine Rolle spielt. Der Öko-Kurs wurde mit Beginn des Öko-Audit-Projektes – auf Wunsch der Schüler – mit dem Schwerpunktthema „Verkehr“ angeboten.

Die Ideen der Schülerinnen und Schüler

Nachdem die Situation analysiert war, wurden von der Schülergruppe verschiedene Möglichkeiten konzipiert und abgewogen. Diskutiert wurden u.a. die Einrichtung eines verkehrsberuhigten Bereichs ohne Autoverkehr, eine Verbreiterung der Haltestelleninsel zu Lasten eines Fahrstreifens für den Autoverkehr oder eine so genannte Zeit-Insel. Bei der letzten Lösung würde die Rauminsel abgeschafft und die Fahrgäste würden auf dem Bürgersteig warten. Beim Halt einer Straßenbahn wären heranfahrende Autos gezwungen anzuhalten, um den aus- und einsteigenden Fahrgästen die Überquerung der Fahrbahn zu ermöglichen.

Ein Lösungsvorschlag der Schüler

Ein Ergebnis! Und jetzt ?

Doch die Schülerinnen und Schüler wollten es nicht dabei belassen, ein Konzept zu erstellen, sie wollten es auch umsetzen. Also begannen sie ihre Idee öffentlich zu machen und mit anderen zu diskutieren: mit der Betreibergesellschaft der Straßenbahnen, der Rheinbahn, mit dem Amt für Verkehrsmanagement der Stadt Düsseldorf, mit Anwohnern und mit den Geschäftsleuten, die ihre Läden unmittelbar in der Nähe der Haltestelle haben. Im Verlauf dieses Diskussionsprozesses kristallisierte sich folgende Lösung als am ehesten verkehrstechnisch machbar und gesellschaftlich mehrheitsfähig heraus: Errichtung einer Zeitinsel mit einem verbreiterten Bürgersteig zu Lasten eines Fahrstreifens für den Kfz- Verkehr. Um die Fahrgastwechselzeiten zu reduzieren und behindertenfreundliches Ein- und Aussteigen zu ermöglichen, sollte außerdem die verbliebene eine Fahrbahn auf Bürgersteigniveau aufgepflastert werden. Außerdem sah das Konzept vor, den Durchgangsverkehr durch verkehrslenkende Maßnahmen zu verringern.

Auszeichnung durch „You move“

„You move“ hieß der Wettbewerb, den der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschlands (BUND) zusammen mit dem Landesverkehrsministerium und Betrieben des Öffentlichen Personennahverkehrs ausgeschrieben hatte. Bewerben konnten sich Projekte und Ideen von Jugendlichen, die den Nahverkehr aus der Sicht von Jugendlichen attraktiver machen und/oder einen Beitrag zur Verkehrssicherheit leisten. Das Ziel: Bus und Bahn fahren soll für Jugendliche zu einer echten Alternative werden, damit sie später den eigenen Wagen stehen lassen. Die Schülerinnen und Schüler hatten als Bewerbung eine Bewerbermappe, Presseartikel und Bilder ihrer Stellwände eingereicht. Im Rahmen der feierlichen Ehrung am 22.11.2002 im Max-Weber-Berufskolleg präsentierten sie vor einem Publikum aus ganz Nordrhein-Westfalen, das neben den Juroren und Gästen vor allem aus 250 Schülerinnen und Schülern bestand, ihr Projekt. Dr. Werner Reh, der Koordinator des Wettbewerbs beim BUND, lobte bei der Preisverleihung insbesondere die Ausdauer der Jugendlichen und ermunterte sie, sich nicht von Widerständen frustrieren zu lassen, sondern weiter für ihr Ziel einzustehen. Dr. Reh begründete den 1. Preis für die Schülerinnen und Schüler des Max-Weber- Berufskollegs bei der Preisverleihung so: „Die Arbeit ist beispielhaft in der Analyse des verkehrspolitischen Problems (Sicherheit der Schülerinnen und Schüler auf der Haltestelleninsel) und in der Erarbeitung der Lösung. Es wurde nicht nur mit den Anwohnern und den Unternehmen am Karolingerplatz zusammengearbeitet, sondern es wurden auch noch Fachgespräche geführt, um die beste Lösung zu finden und durch eine Befragung abzustützen. Für die Wettbewerbsjury gab es keinen Zweifel, dass dieses Projekt den ersten Preis gewinnen muss.“

Doch nicht überall liefen die Schülerinnen und Schüler offene Türen ein. Manche Geschäfteleute befürchteten, dass ihr Geschäft bei einem verbreiterten Gehweg nicht mehr genügend von der Straße aus wahrgenommen wird. Sie befürchteten einen Rückgang des Umsatzes und ließen das Argument des gefährlichen Übergangs über die Fahrbahn nicht gelten. „Das sind doch keine Kleinkinder. Das ist nur eine Sache der Disziplin.“ Auch das städtische Amt für Verkehrsmanagement reagierte verhalten auf die Vorschläge der Schülerinnen und Schüler. Man sieht zwar die Notwendigkeit zum Handeln, aber wegen des geplanten Neubaus einer U-Bahnlinie gibt es zurzeit einen planerischen Stillstand.
Doch die Schülerinnen und Schüler warben für ihre Idee, u.a. wurde die Presse zu einem Ortstermin geladen – mit der entsprechenden Resonanz in verschiedenen Lokalzeitungen. Auch den Weg über die politischen Entscheidungsträger nahmen die Schülerinnen und Schüler wahr und informierten über ihr Anliegen in der zuständigen Bezirksvertretung.

Aber auch hier gab es Zustimmung und Ablehnung. Als Teilerfolg konnten die Schülerinnen und Schüler jedoch für sich verbuchen, dass die Politiker einstimmig einen Prüfantrag für das Schülerkonzept bei der Stadtverwaltung verabschiedeten. Eine Entscheidung steht noch aus, aber die Schülerinnen und Schüler lassen nicht locker. Sie mischen sich in kommunale Verkehrspolitik ein, planen mit – und wurden dafür kürzlich ausgezeichnet !

Kompetenzerwerb

Noch liegen keine umgesetzten Ergebnisse des Engagements der Schülerinnen und Schüler vor. Noch ist die Situation an der Haltestelle „Karolingerstraße“ die alte. Aber dennoch haben die Schüler wichtige Erfahrungen gemacht, die sich unter den Überschriften „Partizipation“ und „Gestaltungskompetenz“ darstellen lassen.

Alle diese Erfahrungen und die erworbenen Kompetenzen werden sie in ihrem beruflichen und privaten Leben gut gebrauchen können.

Perspektiven

Die Schülerinnen und Schüler sind sehr gespannt, wie über ihre Vorschläge entschieden werden wird. Um die Wartezeit bis zu einem Ergebnis zu verkürzen, haben sie sich bereits einer neuen Aufgabenstellung zugewandt: die Anbindung der Schule an den Radverkehr verbessern. Dabei bauen sie auf den gemachten Erfahrungen auf, weshalb sie sich mit ihrem Anliegen frühzeitig an den Düsseldorfer Oberbürgermeister und die Mitglieder des städtischen Verkehrsausschusses wenden wollen. Die Schüler haben gerade erst Fahrt aufgenommen !

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